So war’s – eben nicht.

Die Kommunikation des Haager Bürgermeisters vom Dezember 2023, zum Impressum seiner Parteizeitung, entspricht nicht der Realität.
Die Realität im Dezember 2009: Es wird im Impressum der Parteizeitung der ÖVP Haag/H. kein Name erwähnt.
Die Realität im September 2015: Es wird im Impressum der Parteizeitung der ÖVP Haag/H. kein Name erwähnt.
Die Realität im Oktober 2017: Es wird im Impressum kein Name erwähnt.
Realität im September 2023: Der Bürgermeister wird nun namentlich erwähnt. Es steht aber nicht: „Für den Inhalt verantwortlich“. Sondern: „Herausgeber und Redaktion“. Das hinterlässt neben der Tatsache, dass der Bürgermeister falsche Dinge schreibt, auch den schalen Nachgeschmack eines schludrigen Arbeitens des Bürgermeisters.

Man kann nicht gleichzeitig vor und hinter dem Zaun stehen. Entweder bin ich davor oder dahinter. Genauso ist es mit der Anonymität eines Textes: Entweder schreibe ich keinen Namen darunter, dann ist mein Text anonym, oder ich stehe mit meinem Namen zu einem Text – dann ist er nicht anonym. Soweit so klar. Die ÖVP Haag/H. macht bzw. sieht das anders.

Die ÖVP Haag/H. veröffentlicht seit 2008 ein Gedicht namens „Fenstergucker“. Es steht kein Klarnamen unter dem Gedicht – es ist eindeutig anonymisiert. Wenn kein Name unter einem Gedicht steht und niemand sich öffentlich als Autor:in bekennt, kann die Öffentlichkeit nicht wissen, wer die Kunstfigur „der Fenstergucker“ ist. Wissen tun es nur die Person, die das Gedicht verfasst und die Personen, denen sie persönlich gesagt hat, dass sie das Gedicht schreibt. Der Rest der Öffentlichkeit kann nur spekulieren – also Gerüchte verbreiten. Gerüchte sind aber keine Fakten, sondern Folgendes: Etwas, das (ungefähr) wahr sein kann, es aber meist nicht ist.

Im Herbst 2023 kam – nach einem herabwürdigenden und unwahren Fenstergucker Gedicht (über mich) – breitere Kritik an der Anonymität des „Fenstergucker“ auf. Die Reaktion der ÖVP Haag/H. darauf sagt sehr viel darüber aus, wie diese Ortspartei funktioniert: Der Bürgermeister bestritt die Anonymisierung, indem er in der ÖVP-Parteizeitung vom Dezember 2023 von „scheinbarer Anonymität“ schrieb. Seine Argumentationsschiene: Eine Anonymität des Fenstergucker gäbe es nicht, weil er selber ja seit 15 Jahren immer als Für den Inhalt verantwortlich“ angeführt worden wäre, also klar gewesen sei, dass die Verantwortung für den Fenstergucker bei ihm liegt.

Die Behauptung, dass der Bürgermeister seit fast 15 Jahren namentlich im Impressum angeführt wurde stimmt nicht (siehe Fotobelege oben, aus einigen Parteizeitungen der letzten 16 Jahre). Die Nennung des Namens des Bürgermeisters im Impressum der ÖVP-Parteizeitung erfolgt nicht wie von ihm behauptet seit 15 Jahren, sondern erst seit ein paar Jahren. Und sogar dann – also auch seitdem er namentlich erwähnt wird – steht nicht „Für den Inhalt verantwortlich“, so wie der Bürgermeister in seiner Stellungnahme im Dezember 2023 behauptet hat. Diese Formulierung stammt nicht aus der ÖVP-Parteizeitung, sondern aus der Gemeindezeitung. Die Vermischung dieser zwei Zeitungen (jene der Gemeinde und jene der Partei) durch den Bürgermeister ist für mich beunruhigend. Dies, weil sie den Eindruck erweckt, als trenne der Haager Bürgermeister seine Aufgaben als oberster Gemeindevertreter bzw. Bürgermeister – ein Amt in dem es seine Aufgabe ist, für alle da zu sein – nicht klar von seinen Aufgaben als Parteivertreter bzw. Mandatar der ÖVP – ein Amt in dem er für die ÖVP da ist.

Aus dem Impressum der Haager Gemeindezeitung vom Dezember 2023.

Dazu kommt zweitens: Inhaltliche Verantwortung für eine Zeitung heißt nicht automatisch, dass die betreffende Person die nicht namentlich gekennzeichneten Artikel in dieser Zeitung selber schreibt. Sie hebt also nicht die Anonymität eines Artikels auf. In anderen Worten: Auch wenn der Haager Bürgermeister für die Parteizeitung der ÖVP Haag/H. verantwortlich ist bzw. war, heißt das noch lange nicht, dass er auch all das geschrieben hat, was da drin stand und nicht mit Namen gekennzeichnet war – wie das Fenstergucker-Gedicht.

Wenn dem so wäre, dann hätte nämlich der Haager Bürgermeister persönlich fast die gesamte Haager Gemeindezeitung vom Dezember 2023 verfasst – was ich bezweifle. Dort waren nur wenige Artikel mit Namen gekennzeichnet. Wer sie verfasst hat, bleibt für die Öffentlichkeit unklar. Genauso wie die Autorenschaft der Kunstfigur „Fenstergucker“.

Das bringt mich zu folgendem Schluss: Der Haager Bürgermeister hat mit seiner Stellungnahme in der ÖVP-Parteizeitung vom Dezember 2023 die Anonymität des Fenstergucker NICHT aufgehoben – also keine Klarheit geschaffen. Er hat vielmehr – leider – um den heißen Brei herumgeredet und etwas behauptet, das nachweislich nicht stimmt. Zusätzlich war er dabei auch schludrig.

In einer Aussage über das Fenstergucker-Gedicht in der Stellungnahme des Bürgermeisters vom Dezember 2023 hingegen stimme ich ihm zu: „nach mehr als 100 Ausgaben habe ich festgestellt, dass sicher ein bisschen mehr Reflexion gut tut.“ Das ist nach wie vor völlig richtig. In dem Sinn freue ich mich darauf, dass der Haager Bürgermeister noch einmal reflektiert – und zwar gründlich.

Zum Weiterlesen:

Was darf eine Kunstfigur. 23.03.2024. Gedanken zur politischen Situation in Haag anhand des Fenstergucker.

Fenstergucker-“Splitter”. 23.03.2024. Eine Auswahl problematischer Ausschnitte aus Fenstergucker-Gedichten, mit Kommentaren.

So war’s – eben nicht. 13.03.2024. Kommentar zur ausweichenden Stellungnahme des Bürgermeisters zu den Fenstergucker-Gedichten

Was ist & darf Satire. 04.01.2024. Diskussion der Grundanforderungen an eine Satire – vor dem Hintergrund der falschen Bezeichnung des „Fensterguckers“ als Satire – was er gar nicht sein kann.

Entschuldigen – so geht’s (nicht). 22.12.2023. Aufzeigen der Unterschiede zwischen Entschuldigung und Beschönigung – mit realen Beispielen aus Haag am Hausruck.

Klugheit. 04.11.2023. Der Weg zu einer wirklichen Entschuldigung.

Wenn sie wissen, was sie tun. 30.10.2023. Aufruf an die ÖVP Haag/H., die richtigen Konsequenzen aus den Verfehlungen des Fenstergucker zu ziehen.

So war’s (im Vergleich). Das Gedicht vom September 2023 in voller Länge – mit nebenstehender Beschreibung dessen, was wirklich passiert ist.

So war’s (wirklich). Erklärung der Entstehungsgeschichte der Situation, die im Gedicht beschrieben wird.

Quellen:
Fenstergucker. In: Hallo Haag. Parteizeitung der ÖVP Haag am Hausruck. Dezember 2023. S. 8

Gemeindezeitung der Gemeinde Haag am Hausruck. Dezember 2023

Veröffentlichung:

Änderungen:

  • 17. März 2024: Umformulierung des Absatzes beginnend mit „Die Behauptung, dass der Bürgermeister (…)“
  • 23. März 2023: Einfügen von Links im Abschnitt „Zum Weiterlesen“
  • 6. Juni 2024: Schalten des Beitrags auf „privat“
  • 5. Juli 2024: Beitrag wird wieder öffentlich geschaltet.
  • 28. Juli 2024: Update Abschnitt „Änderungen“: Information über Änderungen vom 6. Juni & 5. Juli 2024.

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