Schwarzbau im Grünland: Für ÖVP/FPÖ ok?

Schützenswertes Grünland in Haag am Hausruck

ÖVP und FPÖ fordern gerne Gesetzestreue ein. Bei Schwarzbauten sehen sie die Einhaltung von Gesetzen interessanterweise plötzlich nicht mehr als Muss. Es gibt in Oberösterreich nämlich in 77 Gemeinden 100 Verdachtsfälle von Schwarzbauten im Grünland. Die zuständigen ÖVP & FPÖ-Landesräte wollen diese unrechtmäßigen Bauten nun – teilweise – nachträglich legalisieren. Ein seltsames Rechtsverständnis. Doch damit nicht genug. Der Landesrechnungshofes hat vom Land OÖ Maßnahmen gefordert, die den Naturhaushalt und die Kulturlandschaft schützen, sowie eine leistungsfähige Landwirtschaft erhalten. Und was macht das Land: Es blockiert.

Der Zweck heiligt die Mittel – anders kann ich mir die Pläne der oberösterreichischen ÖVP-FPÖ-Landesregierung nicht erklären. Es gibt ein oberösterreichisches Raumordnungsgesetz das genau regelt, wo und wie gebaut werden darf. Gegen dieses wurde offensichtlich in zahlreichen Fällen verstoßen. Für mich wäre da ein klares Bekenntnis zu den geltenden rechtlichen Vorschriften angezeigt.

Worum geht es? Der oberösterreichische Landesrechnungshof hat 2023 in der Initiativprüfung „Flächeninanspruchnahme und widmungskonforme Nutzung des Raumes in Oberösterreich“ berichtet, dass es in Oberösterreich zahlreiche Verdachtsfälle gibt, von Gebäuden, Garagen und Pools, die teilweise im Grünland errichtet worden seien. Er forderte vom Land OÖ, dass es die Fälle systematisch aufarbeitet und Maßnahmen setzt, um den Bau ins Grünland künftig zu verhindern.

Und was macht das Land OÖ? Es will Schwarzbauten, die illegal teilweise im Grünland errichtet worden sind, eine nachträglich verfassungskonforme Widmung ermöglichen. Von den zuständigen Landesräten Manfred Haimbuchner (Wohnbau, FPÖ) und Markus Achleitner (Raumordnung ÖVP) wurde bereits ein entsprechendes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Mit dieser Aktion machen die Landesräte diejenigen Menschen zu den Blöden, die sich an Gesetze halten.

Wer nun denkt: Geht mich nichts an, meine Gemeinde gehört ja nicht zu den 77 betroffenen, der liegt falsch. Der Landesrechnungshof hat nämlich auch ganz grundsätzlich den Rückgang von Grünland gerügt (1.626 ha in den Vorjahren) und mehrere Maßnahmen zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme vorgeschlagen.

Diese Maßnahmen betreffen alle Gemeinden in Oberösterreich und haben insbesondere unmittelbare Relevanz für Gemeinden, die große Reserven an gewidmetem, unbebautem Bauland haben. Zu diesen Gemeinden zählt Haag am Hausruck. Der Landesrechnungshof empfiehlt für solches Bauland, eine zusätzliche Abgabe einzuführen oder es rückzuwidmen. Der zuständige ÖVP-Raumordnungslandesrat Achleitner will davon nichts wissen. Das ist nicht nur von der Optik her mehr als schief. Es zeigt: Dort wo es wirklich darum geht, Boden zu schützen, zeigen die Parteien ihr wahres Gesicht.

So auch ganz konkret, im politischen Alltag in Haag. Der Ort verfügt über 16.71 ha (167.100 m2) gewidmetes Bauland, das nicht bebaut ist. Also genug Platz wo gebaut werden könnte – so denn diese Flächen für eine Bebauung mobilisiert würden. Es wäre Aufgabe von Bürgermeister, Gemeindevorstand und Gemeinderat, alle verfügbaren Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Bauland für eine Bebauung verfügbar zu machen. Einmal per Brief nachzufragen genügt da nicht. Was es bräuchte, wäre wirklicher Willen, konsequentes Vorgehen und Mut. Das sehe ich bis dato nicht.

Der Haager Gemeinderat widmet – statt dem Ergreifen griffiger Maßnahmen zur Nutzung der enormen Baulandreserven innerhalb der Siedlungsgrenzen – weiter wertvolles Grünland außerhalb der Siedlungsgrenzen um. So hat er er an der Gemeinderatssitzung vom 13. Juni 2024 folgenden Grundsatzbeschluss gefasst: Eine Grünlandfläche außerhalb der Siedlungsgrenzen – mit Obstgarten, im Besitz des Bürgermeisters – soll als Bauland für Einfamilienhäuser umgewidmet werden.

Es gab 15 Ja-Stimmen (8 ÖVP, 3 FPÖ und 3 SPÖ), 3 Gegenstimmen (3 Grüne) und 2 Enthaltungen (1 Grüne & 1 ÖVP-Bürgermeister als befangener Grundbesitzer). Der Beschluss erfolgte also einerseits mit deutlicher Mehrheit – aber es gab auch Widerspruch. Der Bodenschutz hat also im Haager Gemeinderat eine Stimme. Das sind gute Neuigkeiten.

Was lernen wir daraus. Erstens, dass die ÖVP & FPÖ zwar gerne von Heimatschutz reden – unser wertvoller, heimatlicher Boden aber unbegreiflicherweise von ihnen nicht geschützt wird. Und zweitens, dass nicht alle Politiker:innen gleich sind. Es gibt Politiker:innen, die auf Landesebene illegale Bauten legalisieren wollen und auf Ortsebene im Gemeinderat für Umwidmungen stimmen, obwohl es im Ort bereits hektarweise gewidmetes Bauland gibt. Und es gibt solche, die dafür stimmen, dass Grünland außerhalb der Siedlungsgrenzen erhalten bleibt – für uns, unsere Mitwelt und zukünftige Generationen. Welche bei Abstimmungen die Mehrheit haben liegt an uns – weil wir es sind, die bei den diversen Wahlen bestimmen, wer in Gemeinderat, Landtag und Parlament wie stark vertreten ist.

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Offenlegung Eigeninteressen / Positionierung:
Ich besitze in Haag am Hausruck ein Grundstück, das als Bauland gewidmet und unbebaut ist. Dieses Grundstück liegt am Siedlungsrand und ist deswegen bis dato unbebaut, weil es als Grünland erhalten wollte. Ich befürworte ausdrücklich zusätzliche Abgaben für als Bauland gewidmete, unbebaute Grundstücke.

Quellen & zum Weiterlesen:

Oberösterreich will Schwarzbauten im Grünland nachträglich per Widmung legalisieren. Der Standard. 23. Juli 2024. Abgerufen am 10.08.2024

Presseinformation des oberösterreichischen Landesrechnungshofes: LRH sieht Handlungsbedarf bei der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und beim Bauen ins Grünland. 11. Mai 2023, abgerufen am 10.08.2024

Initiativprüfung des oberösterreichischen Landesrechnungshofes: Flächeninanspruchnahme und widmungskonforme Nutzung des Raumes in OÖ. 11. Mai 2023, abgerufen am 10.08.2024

ÖEK für alle (Stand der Dinge & Links zum örtlichen Entwicklungskonzept und der Baulandbilanz von Haag/H.)

Baulandbilanz der Marktgemeinde Haag/H per 31.12.2023 – Teil Nord (die Flächen die bereits als Bauland gewidmet sind, aber noch unbebaut, sind grün schraffiert).

Baulandbilanz der Marktgemeinde Haag/H. per 31.12.2023 – Teil Süd (die Flächen die bereits als Bauland gewidmet sind, aber noch unbebaut, sind grün schraffiert).

Aufnahme der Gemeinderatssitzung vom 13.06.2024 (gemäß Par. 53 Oö. Gemeindeordnung, abgerufen am 01.09.2024)

Veröffentlichung:

Änderungen:

  • 10.08.2024: Einfügen Link zur Initiativprüfung des Landesrechnungshofes und der dazugehörigen Presseinformation; Anpassung mehrerer Textstellen aufgrund dieser Texte; Einfügen Offenlegung Eigeninteressen/Positionierung.
  • 12.08.2024: Korrektur von Tipp-/Rechtschreibfehlern im 2. Absatz und im Abschnitt Offenlegung.
  • 01.09.2024:
    – Korrektur Rechtschreibfehler: „soll als Bauland für Einfamilienhäuser umgewidmet werden“ (statt: „wird„).
    – Einfügen Quelle der Informationen über die Gemeinderatssitzung vom 13.06.2024

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