Good News: Es gibt in Haag/H. Menschen, die sich wirklich entschuldigen können. Der Wermutstropfen: Die Führung der ÖVP Haag/H. gehört nicht dazu. Das wirft die Frage auf: Was ist denn nun eine wirkliche Entschuldigung – und was die Pseudo-Variante (eine Beschönigung)? Unten steht’s.
Der folgende Text enthält eine kurze Einführung, gefolgt von zwei praktischen Beispielen. Trauriges Highlight: Der Haager ÖVP-Vizebürgermeister hat es geschafft, die theoretische Pseudo-Entschuldigung (Schönreden) fast in Reinform umzusetzen – nachdem er sich fast 3 Monate für seine Stellungnahme Zeit gelassen hatte. Es gibt aber auch einen positiven Gegenpol. Das Gemeindevorstandsmitglied der Grünen hat gezeigt: Sich richtig entschuldigen – das ist eigentlich gar keine große Sache und geht auch ganz schnell. Er wurde am Abend des 20. April vom Betroffenen gegen 22 Uhr auf einen Fehler aufmerksam gemacht. Am nächsten Tag, dem 21. April 2023, hatte er um 7:53 bereits eine öffentliche Entschuldigung geschaltet. Doch nun zurück zum Thema (zugeschnitten auf Haag am Hausruck): Was macht denn eigentlich eine wirkliche Entschuldigung aus? Und was klingt zwar irgendwie so – ist aber in Wirklichkeit nur ein Schönreden?
Die Theorie
Richtig entschuldigen
- Ich hab Mist gebaut.
(= Selbstkritik) - Das ist der Hintergrund.
(= Geschehenes ohne irgendwelche Abwertung von Dritten darlegen) - Tut mir von Herzen leid.
(= vollumfänglich dazu stehen, dass man andere verletzt hat) - Ist zu 100% meine Verantwortung.
(= Aufzeigen, dass Einsicht in Grund für Fehler besteht) - Entschuldigung, wird nicht mehr vorkommen.
(= Entschuldigung ohne Wenn & Aber, plus Aufzeigen, dass aus dem Fehler gelernt wurde).
Kurz: Die Person übernimmt volle Verantwortung für ihren Fehler, hat reflektiert, warum er ihr passiert ist und Lösungen für seine Vermeidung ausgearbeitet. Er wird also wahrscheinlich nicht mehr vorkommen. .
Schönreden (Pseudo-Entschuldigung)
- Ganz viele finden mich toll. (= Sich selber loben)
- Erstmals kommt (möglicherweise falsche) Kritik – von wenigen. (=kritische Stimmen in Frage stellen / schlechtmachen)
- Ich weiß eigentlich nicht, was ich tue. wollte niemand verletzen. Tut mir leid, dass sich jemand verletzt fühlt. (= Verantwortung verleugnen, Fehler relativieren / als „gefühlte“ Verletzung umdefinieren).
- Ich sag nicht wer es war / ihr dürft mich loben / Bei uns ist es super.
(= nochmal Abschieben von Verantwortung / sich selber loben / KEIN Versprechen, dass Fehler nicht mehr vorkommt)
Kurz: Die Person verleugnet ihre Verantwortung. Sie spielt den Fehler herunter (anstatt ihn zu reflektieren), hat keine Lösungen für seine Vermeidung ausgearbeitet und nutzt ihn sogar für Eigenlob (!). Sie wird wahrscheinlich in Zukunft nochmal so handeln – und dann wieder mit einer Pseudo-Entschuldigung aufwarten.
Die Praxis
2 Beispiele aus Haag am Hausruck
So geht’s:
Gemeindevorstand Grüne
Entschuldigung für die Verbreitung einer Falschaussage über einen ÖVP-Gemeinderat in der Parteizeitung der Grünen Haag Link zum Volltext
- „Mir ist (…) ein grober Fehler unterlaufen, den ich dringend korrigieren muss.“
Ich hab Mist gebaut. - „Im Artikel (bzw. in der Kolumne) schreibe ich, dass (…) DAS IST FALSCH UND NICHT KORREKT. (…)“
Das ist der Hintergrund. - „Das tut mir irrsinnig leid (…)“
Tut mir von Herzen leid. - „und die Schuld an diesem Umstand liegt klar bei mir.
(…) Ich werde künftig, wenn ich auf Personen in meinen Artikeln/Texten Bezug nehme, mit diesen Personen klären, ob ich deren Aussagen tatsächlich korrekt verstanden habe. (…)“
Ist zu 100% meine Verantwortung. - „Ein aufrichtiges „Entschuldigung“ und das Versprechen, bei solch heiklen Texten/Themen künftig vorsichtiger zu sein.„
Entschuldigung, wird nicht mehr vorkommen.
Kurz: Der Grüne Gemeindevorstand übernimmt volle Verantwortung für seinen Fehler, weiß warum er ihm passiert ist und kann ihn also in Zukunft vermeiden.
Hat noch Luft nach oben:
Vizebürgermeister ÖVP
Beschönigung der Verbreitung von Unwahrheiten & Verunglimpfen von Privatpersonen in der Parteizeitung der ÖVP Haag
Volltext in Dezember-Ausgabe „Hallo Haag“ der ÖVP Haag.
- „Ein wesentlicher und von vielen Leserinnen und Lesern geschätzter Fixbestandteil unseres „Hallo Haag“ ist der Fenstergucker. (…)“
(= Ganz viele finden mich toll) - „Erstmals zum letzten Fenstergucker wurde uns von einzelnen Personen vorgeworfen, er sei beleidigend und angriffig. (…)“
(=Erstmals kommt (möglicherweise falsche) Kritik – von wenigen). - „Es lag uns immer fern, mit dem Fenstergucker jemanden zu beleidigen. Sollte das wider unserer Absicht passiert sein, tut uns das ehrlich leid.„
Ich weiß eigentlich nicht was ich tue. wollte niemand verletzen. Tut mir leid, dass sich jemand verletzt fühlt. - „Auch wenn der Fenstergucker keine reale Person ist mit der man (…) sprechen kann, sind Anregungen, Beschwerden oder Lob jederzeit möglich. (…) dürfen wir aber trotzdem froh sein, dass wir in einem sicheren Umfeld leben dürfen.„
Ich sag nicht wer’s war / ihr dürft mich loben / Bei uns ist es super.
Kurz: Der Vizebürgermeister verleugnet seine Verantwortung. Er spielt den Fehler herunter (anstatt ihn zu reflektieren), hat keine Lösungen für dessen Vermeidung ausgearbeitet und nutzt ihn sogar für Eigenlob (!). Er wird wahrscheinlich in Zukunft nochmal so handeln – und dann wieder mit einer Pseudo-Entschuldigung aufwarten.
Es gibt also in Haag in Bezug auf die Fehlerkultur sowohl Paradebeispiele dafür wie man es nicht macht (von der stimmenstärksten Partei) als auch Beispiele, wie es richtig geht (von der Partei mit den zweitmeisten Stimmen). Das ergibt folgende Good News: Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, nämlich ein Fünftel (20.06%), hat sich Vertreter:innen ausgesucht, die sich richtig entschuldigen können – und damit dafür sorgen, dass es in Haag mit der Fehlerkultur aufwärts geht.
Und der Bürgermeister?
Der hat in Bezug auf Fehlerkultur noch Luft nach oben. Mehr dazu gibt es hier.
***
Quellen:
Fenstergucker. In: Hallo Haag. Parteizeitung der ÖVP Haag am Hausruck. Dezember 2023. S. 8
Post vom 21.04.2023. Die Grünen Haag am Hausruck. Facebook-Seite.
Veröffentlichung:
Änderungen:
- 13. März 2024: Aktualisierung und Verlinkung, letzter Absatz, Einfügen Quellen
- 6. Juni 2024: Schalten des Beitrags auf „privat“
- 5. Juli 2024: Beitrag wird wieder öffentlich geschaltet.
- 28. Juli 2024: Update Abschnitt „Änderungen“: Information über Änderungen vom 6. Juni & 5. Juli 2024.
Letzte Änderung: