Es begab sich aber zu der Zeit…

Die Raumordnungspolitik in Oberösterreich folgt dem klaren Grundsatz: Bevor Flächen neu gewidmet werden, müssen zuerst bereits gewidmetes Bauland mobilisiert oder Leerstände bzw. Brachflächen reaktiviert werden.

Dieses – jenseits der mir bekannten Realitäten angesiedelte – Zitat des oberösterreichischen ÖVP-Wirtschaftslandesrates Markus Achleitner hat mich zu folgendem Vorweihnachts-Märchen inspiriert.

ACHTUNG: Dieses Märchen beruht auf wahren Tatsachen und den Träumen eines Lamperlschweif-Schafs.

Herbergssuche im Mostlandl

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Landesrate Achleitner ausging, dass aller Boden in Oberösterreich geschützt würde. Und dieser Bodenschutz war der allerbeste und geschah zur Zeit, da Stelzer Landeshauptmann in Oberösterreich war.

Und jedermann schickte seinen Bürgermeister nach Linz, damit der Landesrat doch trotzdem noch Grünland in Bauland umwidme – und sei es auch ein Obstgarten im Mostlandl.

Da machte sich auf den Weg auch der Bürgermeister von Haag am Hausrucke – in seine Schreibstube. Und an seiner Seite war eine Gruppe junger Menschen, die waren in der Hoffnung (auf einen Baugrund). Und der Schreibfeder des Hirten der örtlichen Schäfchen entfloss die Botschaft: „Ich werde opfern meinen Obstgarten. Denn die jungen Familien in meinem Orte können keine Herbergen finden.“ Es gab in seinem Ort aber bereits an die Neunzig unbebaute, seit Jahren für neue Herbergen gewidmete Baugrundstücke und auch leerstehende Herbergen. Und der Bürgermeister hatte in der Vergangenheit trotzdem bereits zahlreiche seiner Grundstücke neu in Bauland widmen lassen.

Und da kam der Engel des Allgemeinwohls zu ihm und verkündete ihm die göttliche Botschaft: „Es ist Aufgabe von Bürgermeister und Gemeinderat, mit dem ihnen anvertrauten Orte sorgsam umzugehen und ihn für zukünftige Generationen zu bewahren. Es handeln gegen das Allgemeinwohl all jene, die außerhalb der Siedlungsgrenzen Obstgärten zerstören und Bauland widmen, wenn es in ihrem Orte doch noch freie Herbergsgrundstücke und leere Herbergen gibt.“

Die Mehrheit des Haager Gemeinderats aber sprach: „Lasset uns munter weiter widmen!“ Und sie fassten einen Grundsatzbeschluss, für die Schaffung von nochmals neuem Bauland außerhalb der Siedlungsgrenzen, in Bürgermeisters Obstgarten. Ein Mitglied verkündete, dass es keine Rolle spiele, ob davon auch Gemeinderäte profitieren. So steht es geschrieben in der Frohen Botschaft der Gemeinderatssitzung vom dreizehnten Juno des geheiligten Jahres Zweitausendvierundzwanzig – auf den ehrwürdigen Seiten zwölf bis fünfzehn. Und sie wickelten den Beschluss ihn ein Gemeinderatsprotokoll und legten ihn in ein Mail an das Land Oberösterreich.

Und der Engel der Einzelinteressen trat zu des Bürgermeisters Schäfchen und sie fürchteten sich sehr (zu recht). Der Engel aber sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude; denn Haag ist heute ein Grundsatzbeschluss für eine Ausweitung der Siedlungsgrenzen geschenkt worden. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden im Haushaltsbudget, Kosten für zusätzliche Trinkwasser-, Kanal- und Strassenbauten, gut versteckt im Budget eingewickelt und euch für ewig auf der Tasche liegend.“ Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Verbauungs-Scharen.

Und so sprachen die Schäfchen untereinander: Lasst uns nun gehen, zu schauen dieses erschreckende Wunder. Und sie kamen eilend und sie fanden – frohlockend in himmlischem Gesange – die Besitzer:innen der an die Neunzig gewidmeten, unbebauten Baugrundstücke in Haag am Hausrucke. Denn ihnen war in den gesegneten Jahren 2015 bis 2023 eine göttliche Wertsteigerung von über 25-Tausend Euro pro Tausend m² bescheret worden.

Es war aber in des Bürgermeisters Schreibfeder, während 15 Jahren Amtszeit, nie Tinte für ein Schreiben für die Beauftragung eines Gutachtens zur Baulandmobilisierung gewesen. Und so konnten die Erhaltungsbeiträge für die goldtalergebärenden Baugrundstücke nun nicht erhöht werden – obwohl dies die Baulandmobilisierung gefördert hätte. Da machte sich ein engagiertes Schäfchen auf die Suche nach einem Tintenfass und brachte es sodann dem Bürgermeister. So konnte der Bürgermeister endlich jenes wichtige Gutachten in Auftrag geben. Da war es aber schon zu spät für ein rechtzeitiges Eintreffen des wertvollen Schriftstücks vor der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres Zweitausendvierundzwanzig. Und auch die Umfrage für die Aktivierung der Leerstände war gerade erst verkündet worden. Und so kam es, dass die budgetentlastende Erhöhung der Erhaltungsbeiträge nicht auf der Tagesordnung stand – und es auch noch von keiner erfolgreichen Reaktivierung von Leerständen berichtet gab. Stattdessen zierte der Bürgermeister die vorweihnachtliche Tagesordnung mit einem weiteren Beschluss für die Zerstörung seines Obstgartens.

Und das waren des Bürgermeisters Fehler gewesen: Er hatte seine Möglichkeiten zur Mobilisierung von Bauland nicht ausgeschöpft und stattdessen eine Umwidmung beantragt, mit der er diese Mobilisierung hemmte statt förderte – und von der er noch dazu persönlich finanziell profitierte. Auch vergab er sein Grundstück nicht nach transparenten, öffentlichen Kriterien. Das war jeder Privatperson Recht. Er aber war Bürgermeister. Und diejenigen, die davon profitierten, bestärkten ihn, dass das richtig war. Und die Mehrheit des Gemeinderats unterstützte diesen Verbauungs-Weg. Und sie fühlten sich allesamt in göttlichem Recht.

Da blökten des Hirten Schäfchen empört und stampften mit ihren Beinen – und versteckten sich hinter ihrem Schafstall. Denn sie hatten alle grosse Angst vor ihrem Hirten – den sie ja in Zukunft noch brauchten. Ein Schaf aber blökte besonders laut und kam hinter dem Schafstall hervor. Es stellte sich mutig vor den Hirten, obwohl sein Lamperlschweif ganz fest zitterte. Es zitierte aus der frohen Botschaft des Landesrate Achleitner: „Die Raumordnungspolitik in Oberösterreich folgt dem klaren Grundsatz: Bevor Flächen neu gewidmet werden, müssen zuerst bereits gewidmetes Bauland mobilisiert oder Leerstände bzw. Brachflächen reaktiviert werden.“ In Haag am Hausrucke aber war das holde, innerhalb der Siedlungsgrenzen bereits gewidmete Herbergs-Bauland, vor dem Grundsatzbeschlusse ja eben nicht mobilisiert worden. Und auch die Leerstandsaktivierung war gerade erst gestartet worden – und vorerst nur für wenige Herbergen.

Und das Lamperlschweif-Schaf erinnerte seinen Hirten – auf dessen Schutz & Stärke es vertraute – an seine Aufgaben als Bürgermeister und an seine persönliche Verantwortung – die ihm niemand abnehmen konnte.

Da verstand der Bürgermeister und zerschnitt – in himmlischer Erleuchtung – den Obstgarten-Umwidmungsantrag mit seinem Schwerte. Er löschte den Punkt von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung und sprach: „Zu Weihnachten will ich mit gutem Beispiel vorangehen und wahre Herberge schenken den zukünftigen Generationen. Ich werde fortan die Flächen innerhalb der Siedlungsgrenzen mobilisieren, denn das ist meine Aufgabe als guter Hirte. Ich will erhalten meinen wertvollen Obstgarten als Herberge für die zahlreichen Tiere, und Pflanzen die darin wohnen. Auf dass sich daran erfreuen wir und unsere Kindeskinder. “ Und der Gemeinderat folgte seinem mutigen Beispiel und verdoppelte im Jahre anno 2025 die Erhaltungsbeiträge für die bereits gewidmeten Baugründe und widmete sich fortan dem wahren Bodenschutz – nicht nur in Worten, sondern auch in Taten.

Und alle lebten fortan glücklich und in Wohlgefallen und frohlockten unter Bürgermeisters Kriecherlbäumen, auch das Lamperlschweif-Schaf.

Link zur PDF-Version des Märchens

Ende Vor-Weihnachts-Märchen

Fehlermeldungshinweis:
Die Verfasserin prüft ihre Fakten ganz penibel und es ist ihr ein sehr grosses Anliegen, dass das was sie veröffentlicht keine Fehler enthält. Da sie nicht mit himmlischer Fehlerlosigkeit gesegnet ist, ist sie für Hinweise auf Fehler in ihren Botschaften an die Menschheit sehr dankbar – damit sie diese sodann beheben kann.

Faktenhinweis:
Die Statistik Austria informiert auf ihrer Website, dass der Wert von Baulandgrundstücken in Haag am Hausrucke zwischen 2015 und 2023 von 49,1 Euro/m2 auf 74,3 Euro/m2 stieg. Das entspricht einer Wertsteigerung von 25.200 Euro für ein Grundstück von 1.000 m2.

Transparenzhinweis und Märchenhinweis
Die Verfasserin dieses Märchens besitzt ein gewidmetes, unbebautes Grundstücke in Haag am Hausruck. Seine Größe beträgt 1.306 m2. Die Verfasserin zahlte hierfür im Jahr 2024 Erhaltungsbeiträge in der Höhe von 626,88 Euro (15 Cent/ m2 für Wasser und 33 Cent/m2 für Kanal = 48 Cent pro m2). Sie sieht diese Abgaben als Beitrag zur Erhaltung von wertvollem Grünland.

Die Verfasserin hat das Grundstück geschenkt bekommen. In ihrer Wahrnehmung war und ist es v.a. ein Stück Wiese. Sie hat es aus verschiedenen Gründen nicht bebaut bzw. für eine Bebauung verkauft, obwohl es hierfür gewidmet ist.

Der Hauptgrund ist, dass sie es nicht übers Herz bringt, eine Wiese verbauen zu lassen.

Dann ist es auch so, dass die Wiese oberhalb des Bachleitnerbachgrabens liegt. Sie trägt dadurch in ihrem derzeitigen, unbebautem Zustand bei Starkregen zur schadlosen Wasserversickerung bzw. dem schadlosen Wasserabfluss in den darunterliegenden Siedlungsflächen bei. Ausserdem liegt es am Siedlungsrand und schliesst unmittelbar an weitläufige Grünflächen an.

Sowohl der Hochwasserschutz durch eine möglichst geringe Bodenversiegelung als auch die Erhaltung einer möglichst grossen Vielfalt von Tieren und Pflanzen durch die Vernetzung von Lebensräumen ist der Verfasserin sehr wichtig.

Andererseits grenzt das Grundstück an zwei Seiten an eine Siedlung und an der dritten an eine Strasse an. Die Verfasserin hat in ihren Augen noch keine langfristig optimale Lösung für die zukünftige Funktion dieses Grundstück gefunden und ist aktiv auf der Suche danach.

Die Gemeinden haben gemäss Par. 28 des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes die Möglichkeit die Erhaltungsbeiträge für gewidmete, unbebaute Baulandgrundstücke zum Zwecke der Baulandmobilisierung bis zu verdoppeln. Es ist ein Märchen, dass es ungerecht wäre, das zu tun. Die gewidmeten, unbebauten Grundstücke innerhalb der Siedlungsgrenzen sind mit Trinkwasserleitungen und Abwasserkanälen und oft auch mit Straßen erschlossen. Hierfür musste und muss die Gemeinde viel Geld ausgeben – unabhängig davon, ob dort ein Hause steht oder nicht. So ist es nur gerecht, dass sie sich die Besitzer:innen von unbebauten Baulandgrundstücken auch an den Kosten der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung beteiligen, in gleicher Höhe wie Besitzer:innen von bebauten Grundstücken.

Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche jährliche Wertsteigerung der Grundstücke seit 2015 deutlich über den für sie zu entrichtenden Erhaltungsbeiträgen liegt.

Dazu kommt, dass dass die Erschliessung dieser als Bauland gewidmeten Grundstücke ja bereits erfolgt ist und hier Häuser ohne zusätzliche Erschliessungskosten für die Gemeinde gebaut werden könnten. Bei einer Widmung von zusätzlichem Bauland hingegen fallen neue, kostspielige Erschliessungskosten für die Gemeinde an – die mit Steuergeldern bezahlt werden müssen. die Erhaltung der zusätzlichen Erschliessungsanlagen belastet ebenfalls das Gemeindebudget. Es entstehen also durch das Horten von Baugründen der Allgemeinheit Kosten, während gleichzeitig die Besitzer:innen des Baugründe Wertsteigerungen erfahren – also profitieren.

Die Verfasserin hat die Grüne Fraktion des Haager Gemeinderats daher gebeten, sich für eine Erhöhung der Erhaltungsbeiträge einzusetzen, was diese dann auch tat. Die Verfasserin wandte sich hierfür in der Folge auch an den Bürgermeister.

Die Verfasserin befürwortet eine Erhöhung der von ihr zu leistenden Beiträge deswegen, weil es Aufgabe des Gemeinderates ist, für das Wohl Aller zu sorgen – und nicht das Wohl der Allgemeinheit zu opfern für das Wohl einiger weniger Menschen – und seien diese einzelnen Menschen auch noch so wichtig für Gemeinderatsmitglieder. Das ist kein Märchen, sondern ist das, was jedes einzelne Gemeinderatsmitglied gelobt hat und was im Allgemeinen Verwaltungsgesetz in Bezug auf Befangenheit steht.

Leider kann eine Erhöhung der Erhaltungsbeiträge in Haag am Hausruck nicht bereits für das Jahr 2025 beschlossen werden, da das Gutachten, dass dafür gemäss mündlicher Auskunft des Landes OÖ notwendig ist, erst nach der Gemeinderatssitzung vom 12. Dezember 2024 eintreffen wird.

Quellen:
Zitat: Landesrat Achleitner im Budget-Landtag: Bauland-Mobilisierung & Leerstands-Aktivierung – in Oberösterreich wird gehandelt. Presseaussendung des Landes Oberösterreich vom 5.12.2022. Abgerufen am 25.11.2024

Immobilien-Durchschnittspreise. Abschnitte Detailergebnisse und historische Daten. Statistik Austria. Abgerufen am 30.11.2024

Veröffentlichung:

Änderungen:

  • 17.12.2024: Korrektur Rechtschreibfehler: „Zweitausendvierundzwanzig“ in „Zweitausendvierundzwanzig“, sowie Setzen von Punkt am Ende dieses Satzes.
  • 21.12.2024: Einfügen eines Links für das Herunterladen der PDF-Version des Märchens.

Letzte Änderung: