Pramwald-Reischau: Quo vadis?

Ist diese naturnahe Ortszufahrt bei Steinpoint bald Vergangenheit?

Der Pramwald und seine Umgebung sind eine sehr wichtiges Natur- und Naherholungsgebiet. Auch die Wiesen bei der Kreuzung Steinpoint bieten viel wertvolle Natur, fruchtbarste Böden inklusive – und eine einladende Ankunft in Haag. Dazwischen liegt das Gewerbegebiet Reischau. Das ist weniger attraktiv. Nun bestehen Pläne, dass das Gewerbegebiet Reischau in Richtung Pramwald auszuweiten UND ein neues Gewerbegebiet bei Steinpoint zu errichten. Es gäbe dann schon 3(!) Gewerbegebiete entlang der Autobahn allein in Haag (Niedernhaag, Steinpoint & Reischau) – was dann wahrscheinlich in der Zukunft die Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe dazwischen nach sich zieht, mit möglichem Endstadium durchgehendes Gewerbegebiet. Wir stehen also vor einer Weichenstellung für ganz Haag. Der Ball liegt in nächster Zukunft beim Gemeinderat. Dessen Aufgabe ist es, das Allgemeinwohl zu vertreten.

In welche Richtung möchte Haag sich entwickeln?

Fast scheint es, als ob in Haag über das ganze Ortsgebiet versprenkelt Gewerbenutzungen beantragt werden: In der Gemeinderatssitzung vom 15. Dezember wurde ein Umwidmungsantrag für eine derzeitige Holzlagerfläche beim Pramwald diskutiert, die die Grundbesitzerin auch für die Lagerung von gewerblichen Produkten nutzen wollte. Das stufte der Haager Gemeinderat dann als nicht wünschenswert ein. Nach einer eingehenden Debatte, in der u.a. gut fundiert auf den Erholungscharakter des Pramwalds hingewiesen wurde, beschloss eine Mehrheit des Gemeinderates, das Umwidmungsgesuch abzulehnen.

Eine Mehrheit der Haager Gemeinderatsmitglieder hat abgewendet, dass dieser Holzlagerplatzes – im wertvollen Natur- und Naherholungsgebiet Pramwald – für die Lagerung von gewerblichen Produkten genutzt wird.

Diese Positionierung der Volksvertreter:innen zum Schutz der Haager Natur- und Wohnqualität war dringend nötig. Zu Beginn derselben Sitzung hatte der Haager Bürgermeister nämlich informiert, dass in Pramwald-Steinpoint zwei weitere Umwidmungswünsche im Raum stehen:

  • Im Ortsteil Pramwald hat ein Grundbesitzer einen Antrag auf die (für ihn mit einer deutlichen Wertsteigerung verbundene) Umwidmung einer derzeitigen Grünland-Fläche in Betriebsbaugebiet eingereicht. Die Fläche liegt auf der noch weitgehend naturbelassenen Pramwald-Seite der Gotthaminger Straße, gegenüber dem Asphaltmischwerk der Firma Felbermayr. Für dieses Ansinnen hatte der Entwicklungsausschuss (Unterausschuss des Gemeinderats) nach Antragstellung noch zusätzliche Informationen eingefordert, u.a. weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich kommuniziert worden war, wozu die Fläche genau dienen soll.
Für die Wiese im vorderen Teil des Fotos – auf der Pramwaldseite der Gotthaminger Strasse – hat der Grundsbesitzer eine Umwidmung in Betriebsbaugebiet beantragt.
  • Die Firma Wimberger hatte im Entwicklungsausschuss kurz vor der Dezember-Gemeinderatssitzung Pläne zur Verlegung ihres Betriebs im Ortszentrum auf die grüne Wiese, bei der Kreuzung Steinpoint (Seite Steinpoint) beworben. Für diese Flächen – beste Böden – lag zum Zeitpunkt der Sitzung vom 15.12.2022 noch kein offizieller Antrag vor.
Die Firma Wimberger möchte in Steinpoint Flächen zu Betriebsbaugebiet machen, die sowohl sehr fruchtbar, als auch ökologischer Sicht und aus Sicht des Landschaftsbildes von großem Wert sind.

Am 16. Februar 2023 wurde dann im Gemeinderat die Bürger:innen-Initiative «Gewerbepark oder Lebensraum. Ein Zukunftsplan für Haag am Hausruck» diskutiert. Sie war vor dem Hintergrund der anstehenden Pläne für Betriebsneubauten und -erweiterungen in Haag entstanden und wurde von über 600 Menschen unterzeichnet (darunter der Großteil aus der näheren Umgebung und mehr als sensationellen 333 aus Haag).

Braucht es in Haag wirklich noch mehr Gewerbegebiete? Und: Ist das denn mit dem Ziel eines Tourismusortes vereinbar?

Die Idee hinter der Bürger:innen-Initiative war folgende Überlegung: Wir brauchen einen Zukunftsplan für Haag, mit dem wir entscheiden: Was wollen wir sein? Ein Ort, in dem es sich gut wohnt? Ein Ort, der für den Tourismus attraktiv ist? Ein Industriestandort? Um eine solch durchdachte Ortsentwicklung zu erreichen, forderte die Initiative, dass das nicht mehr zeitgemäße Örtliche Entwicklungskonzept ÖEK unverzüglich fachlich fundiert unter geeigneter Bürgerbeteiligung grundlegend überarbeitet wird und bis zur neuerlichen Erlangung seiner Rechtskraft keine Umwidmungen zu Gewerbebauflächen und Mischbauflächen vom Ausmaß 1.000 m² und darüber eingeleitet werden. In anderen Worten: Es ging darum sich zu überlegen, wohin wir wollen, bevor wir alles zubauen – und es eh nichts mehr zu entscheiden gibt.

Das derzeitig gültige – nicht mehr zeitgemäße – örtliche Entwicklungskonzept (ÖEK) aus dem Jahr 2011 zielt auf die Vernichtung wertvoller Grünlandflächen für Betriebsbaugebiete ab (violett und violett schraffiert). Die damals geplante, großflächige Grünland-Verbauung ist nunmehr auf bedeutenden Flächen bereits Realität). Handelt der Gemeinderat da im Sinne der Bevölkerung?

Die Mehrheit des Gemeinderats lehnte einen solchen vorausschauenden Zugang ab. Die Fraktionen ÖVP, SPÖ und FPÖ stimmten gegen die Forderungen der Petition. Die Fraktion der Grünen stimmte dafür. Die Ortsplanung erfolgt somit weiter auf Grundlage des örtlichen Entwicklungskonzeptes ÖEK aus dem Jahr 2011, in dem großflächige Umwidmungen von Grünflächen in Gewerbegebiete vorgesehen sind – bei gleichzeitiger Mitgliedschaft der Gemeinde im Bodenbündnis, dessen Ziel ein sorgsamer Umgang mit Boden ist. Logisch ist das nicht.

Die Firma Felbermayr hat am 1. März öffentlich bekannt gegeben, dass sie die Fläche in Pramwald, für die der Grundbesitzer Ende 2022 eine Umwidmung in Betriebsbaugebiet beantragt hat, für eine flächenmäßige Ausweitung ihres Asphaltmischwerkes nutzen möchte.

Am 1. März 2023 fand schließlich eine Informationsveranstaltung der Firma Felbermayr statt, bei der über den geplanten Bau einer neuen (Asphalt-)Mischanlage informiert wurde. An dieser Veranstaltung wurde informiert, dass die Fläche auf der weitgehend naturbelassenen Pramwald-Seite der Gotthaminger Straße, für die vom Grundbesitzer eine Umwidmung von Grünland in Betriebsbaugebiet beantragt worden war (siehe oben), Teil der Neubaupläne ist. Es sei geplant, sie für die Lagerung & Sortierung von Recycling-Asphalt zu nutzen. Die Firmenvertreter kündigten an, etwa Anfang Mai einen offiziellen Antrag für die neue Mischanlage einzureichen.

Die Firma Felbermayr möchte sich auf die naturbelassene Seite der Gotthaminger Straße ausdehnen. Der Gemeinderat hat es in der Hand, diese wertvolle Landschaft zu erhalten.

Der Gemeinderat steht nun in nächster Zukunft vor der Entscheidung, ob er einer flächenmäßigen Vergrößerung des Asphaltwerks auf der weitgehend naturbelassenen Pramwald-Seite der Gotthaminger Straße durch Umwidmung einer derzeitigen Grünlandfläche entweder zustimmt oder nicht. Er kann dies frei entscheiden und hat damit Einfluss darauf, in welche Richtung er die Orts- und Emissionsentwicklung im Gebiet Pramwald lenken will. Derselbe Entscheidungsspielraum gilt auch für die Betriebsbauwünsche der Firma Wimberger auf besten Böden bei der Steinpoint-Kreuzung.

P.S.: Der Gemeinderat kann nicht nur entscheiden, ob er Umwidmungsanträge annimmt oder ablehnt. Er kann auch das Zepter selber in die Hand nehmen – und aktiv lenken, wie der Ort zukünftig aussehen soll. Er könnte z.B. eine Übersicht der leerstehenden Gewerbefläche in Haag & Umgebung (Zusammenhalt mit Nachbargemeinden) erarbeiten und aktiv kommunizieren. Er könnte einen Umwidmungsstopp auf der grünen Wiese bis zur vollständigen Nutzung bereits bestehender Gewerbeflächen erlassen. Er könnte… die Möglichkeiten sind unendlich. Wo ein Wille, da ein Weg. Oder vielleicht treffender: Wo Mut und neue Ideen, da ein Weg.

Veröffentlicht am 15. März 2023