Unschuldig in den Konkurs: So geht’s!

Vermoderter Unterbau der Haager Rodelbahn

Achtung Satire

Schauplatz Haag/H.: Fassungslos schauen Bürgermeister & Gemeinderatsmitglieder auf das Datum des Bescheids für den Bau der „Erlebnisbergbahn“ auf die Luisenhöhe in Haag am Hausruck: 30.10.2014 . „Das war ja VOR Baubeginn! Hätte damals irgendwer nachgerechnet, ob sich das rentiert, dann hätten wir ja jetzt gar keine Bahnruine auf unserem Hausberg.“

Wie konnte es so weit kommen? Die Gemeinderatsmitglieder gehen in sich und kommen zum unweigerlichen Schluss: Wir haben alles richtig gemacht!

Doch stimmt das wirklich? Eine unabhängige Stammtisch-Expertengruppe hat sich das Ganze genauer angeschaut. Dabei stieß sie auf das traditionelle Pflichtenheft für heimatliches Projektmanagement im Tourismus. Es ist ziemlich abgenutzt – von der tausendfachen Benutzung in Projekten landauf, landab, über Jahrzehnte hinweg.

Bevor die Schrift völlig verblasst stellt die Expertengruppe das herausragende Werk nun – dankenswerterweise – der Öffentlichkeit zur Verfügung. So leistet sie einen wertvollen Beitrag dazu, dass unsere traditionellen Werte auch in Zukunft erhalten werden können.

Das heimatliche Projektmanagement

In 8 Schritten unschuldig zum Konkurs

Schritt 1: Bescheid
  • Es flattert ein Bescheid, ein Tüv-Gutachten oder Ähnliches ins Haus. Das Dokument enthält neue, nicht eingeplante, kostspielige Auflagen.

Bahn Luisenhöhe: Erfüllt.

Schritt 2: Lageeinschätzung – Teil 1
  • Ich überlege: Muss ich damit rechnen, dass beim Land oder im Gemeinderat irgendwer Gelder verweigert, weil sie nachkontrollieren und feststellen, dass das Projekt mit den neuen Auflagen nicht mehr rentiert?

Bahn Luisenhöhe: So was ist in Haag noch nie vorgekommen.

Schritt 3: Lageeinschätzung – Teil 2
  • Ich überlege: Werden Gemeinderat & Land Geld nachschießen, wenn ich einfach anfange zu bauen, obwohl ich vor Baubeginn ja hätte wissen müssen, dass das Geld nicht reicht?

Bahn Luisenhöhe: Klares Ja. War schon immer so.

Schritt 4: Baubeginn
  • Ich fange zu bauen an, obwohl ich nicht genug Geld habe, um das Projekt gemäß Bescheid umzusetzen.

Bahn Luisenhöhe: Erfüllt. Baubeginn Ende November 2014.

Schritt 5: Zusatzgelder beantragen
  • Ich reiche einen Nachfinanzierungsantrag beim Gemeinderat ein.
    WICHTIG: Betonen, dass es sich um nicht vorhersehbare Ausgaben handelt. Dies auch dann, wenn sie schon im Bescheid standen und damit vor Baubeginn schon bekannt waren. Es hört sich besser an und es wird niemand auffallen.
    FÜR FORTGESCHRITTENE: Betonen, dass das Projekt in die Geschichte eingehen wird.

Bahn Luisenhöhe: Voll erfüllt. Antrag im April 2015 (wenige Monate nach Baubeginn). Zusage 145.000 Euro durch den Gemeinderat.

Schritt 6 (wenn das Projekt von der Realität eingeholt wird)

  • Antrag an den Gemeinderat auf ca. doppelt so hohe Summe wie beim 1. Mal.
    WICHTIG: Schreckgespenst der Betriebseinstellung an die Wand malen.

Bahn Luisenhöhe: Vorbildhaft erfüllt. Antrag im Dezember 2016. Zusage 300.000 Euro durch den Haager Gemeinderat.

Schritt 7: Konkurs

  • Konkurs anmelden
    WICHTIG: Möglichst viele Konkurs-Mitverantwortliche ins Boot holen, damit alle gemeinsam ihre Unschuld betonen und niemand auf die Idee kommt, sich den Sachverhalt genauer anzuschauen..
    FÜR FORTGESCHRITTENE: Formulierungen wie „überbordende Auflagen“, „schlitterte in den Konkurs“ und „nachher ohne Schulden“ benutzen. Sie klingen besonders unschuldig.

Bahn Luisenhöhe: Vorbildlich erfüllt.

Schritt 8: Verkauf an die Gemeinde
  • Das Ganze an die Gemeinde verkaufen, die dann entweder
    a) den Abriss finanziert – oder
    b) die Anlage wieder in Betrieb nimmt und nochmals in den Konkurs führt (ACHTUNG: Nur bei Gemeinderäten möglich, in denen die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder über eine überdurchschnittliche Realitätsverweigerungs-Fähigkeit verfügt).

Bahn Luisenhöhe: Vorbildlich erfüllt. Überdurchschnittliche Fähigkeit zur Realitätsverweigerung. Besondere Leistung: Die Versenkung von 1,5 Millionen Euro an Steuergeldern wird als Schaffung einer Anlage im Wert von 3 Millionen Euro präsentiert.

Wohin führt die Zukunft?

Der Ist-Status ist klar: Das Projekt an der Luisenhöhe wurde vorbildlich unschuldig in den Konkurs gesteuert.

Es bleibt nur mehr eine Frage offen: Wird die Mehrheit des Haager Gemeinderats das Konkursprojekt bei der nächsten Gemeinderatssitzung beenden – oder gibt es noch eine zweite Runde des heimatlichen Unschulds-Projektmanagments?

Egal, welche Antwort der Gemeinderat auf die Frage findet, eines ist schon heute klar: Auch wenn nochmals Geld an der Luisenhöhe versenkt werden sollte: Es wird zum Schluss wieder niemand daran schuld sein.

Ende der Satire

Nachwort

Der deutsche Dichter, Philosoph und Historiker Friedrich Schiller schrieb: „In der Satire wird die Wirklichkeit als Mangel dem Ideal als der höchsten Realität gegenüber gestellt.“ Was lag also näher als die Realität an der Haager Luisenhöhe an meinem höchsten Ideal zu messen. Mein höchstes Ideal ist u.a., dass Politiker:innen Verantwortung für Ihre Fehler übernehmen und aus ihnen lernen – zum Wohl von uns allen.

Zum Weiterlesen:

Hintergrundinfo zu den Finanzflüssen an der Luisenhöhe: Förderung der touristischen Einrichtungen an der Luisenhöhe 2013-2017. Antrag auf Prüfung der Vergabe öffentlicher Gelder durch den Landesrechnungshof. Dezember 2017

Simsalabim. Euer Wille verdrehe (Achtung: Satire!). 18.09.2024

Beulebensraumkonzept. Meldung der Haagentur aus dem Jahr 2024

So war’s wirklich. 08.10.2023

Luisenhöhe

Veröffentlichung

Änderungen

  • 24.03.2025: Änderung von „Friedrich Schiller“ in „Der deutsche Dichter, Philosoph und Historiker Friedrich Schiller „; Hinzufügen Schlagwort Haag am Hausruck.

Letzte Änderung