Ich möchte einen Ort, in dem alle eine hohe Lebensqualität genießen können. Dafür braucht es einen Gemeinderat, der fundiert und reflektiert öffentliche Interessen vertritt. Der Haager Gemeinderat hat diesbezüglich noch Luft nach oben.
Das Wichtigste in Kürze:
- Das ÖEK (örtliches Entwicklungskonzept) dient dazu festzulegen, wie sich ein Ort entwickelt: Wir entscheiden, wie und in welcher Umgebung wir in Zukunft leben möchten.
- Eine Änderung ist nur bei öffentlichem Interesse möglich.
- Der Haager Gemeinderat hat das derzeitige ÖEK schon über 20x abgeändert – verzögert aber gleichzeitig eine Überarbeitung. Warum?
- Der neueste Umwidmungs-Grundsatzbeschluss des Gemeinderats betrifft einen Obstgarten des Bürgermeisters außerhalb der De-Facto-Siedlungsgrenzen. Er fördert damit die Zersiedelung – die zahlreiche Nachteile für das Allgemeinwohl hat.
- Das wirft die Frage auf: Wie genau definiert der Haager Gemeinderat das öffentliche Interesse (Allgemeinwohl)? Wie stellt er sicher, dass er nicht stattdessen private Einzelinteressen fördert?
Ein sehr gutes Planungsinstrument?
Der Haager Gemeinderat beschließt erstaunlich oft Änderungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes ÖEK. Erstaunlich ist das deswegen, weil eine Änderung des ÖEK nur dann möglich ist, wenn ein öffentliches Interesse besteht. Der Gemeinderat hat also bei der Erstellung entweder ziemlich viele öffentliche Interessen nicht berücksichtigt – oder das ÖEK ist überholt. Zweiteres ließe sich durch eine Überarbeitung lösen. Eine solche wird aber von der Mehrheit des Gemeinderats ablehnt.
Eine Bürgerinitiative hatte 2023 vom Gemeinderat mittels einer Bürger:innen-Initiative eine Überarbeitung des ÖEK eingefordert, mit der Begründung, dass das derzeitige ÖEK nicht dem Gemeinwohl entspricht. Der Obmann des Entwicklungsausschuss des Haager Gemeinderats (=von der ÖVP gestellt) berichtete dann im Dezember 2023 in der ÖVP-Parteizeitung: Der Entwicklungsausschuss habe „schnell“ festgestellt, dass das ÖEK immer noch ein „sehr gutes Planungsinstrument“ darstelle. Was logischerweise eigentlich die Konsequenz hätte haben müssen, dass jetzt keine Abänderungsanträge mehr gestellt werden. Dem ist nicht so. Wieso?
Mein Eindruck ist: Die Mehrheit des Entwicklungsausschusses des Haager Gemeinderats meint mit „sehr gutes Planungs-Instrument“ ein „sehr gutes Verbauungs-Instrument“. Wie kann das sein? Der Bodenschutz ist doch in aller (Parteien) Munde? Ganz einfach: Die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder hat gemäß meinem Eindruck keine wirklich klare Idee darüber, was ein öffentliches Interesse ist – und was ein privates.
So ist es z.B. nicht so, dass etwas automatisch zu einem öffentlichen Interesse wird, weil ein Gemeinderatsmitglied es selber auch macht oder gemacht hat. So wird aber im Haager Gemeinderat durchaus argumentiert. Das Problem daran: Gemeinderatsmitglieder, die kein klares, fundiertes Bild dessen haben, was im öffentlichen Interesse ist, laufen Gefahr, dass sie (absichtlich oder nicht) private Interessen fördern – und damit ihren politischen Auftrag verfehlen. Auftrag des Gemeinderats ist es nämlich, das Wohl der Gemeinde, also das Allgemeinwohl, zu fördern.
Zurück zum ÖEK: Bis heute gibt es keine inhaltliche Widerlegung der Kritik der Haager Bürgerinitiative am derzeitigen ÖEK. Es wird stattdessen einfach beibehalten – als „flexibles“ Instrument, das der Gemeinderat (bzw. die Mehrheit seiner Mitglieder) so wie bisher in Salamitaktik weiter abändert. In anderen Worten: Für das Allgemeinwohl gewählte Gemeinderatsmitglieder opfern – u.a. – wertvolle Haager Naturschätze, eine sichere Mobilität für alle (inkl. Kinder) und fruchtbare Böden für unsere Lebensmittel – ohne ausreichend zu belegen, dass das wirklich durch öffentliches Interesse gerechtfertigt ist.
Zersiedelung: Gemeinderat ignoriert Siedlungsgrenzen und Bodenschutz
Konkret zeigt sich das dann z.B. so: Eine echte Bodenschutzpolitik, die öffentliche Interessen respektiert, erfordert die Festlegung und den Respekt von Siedlungsgrenzen. Wenn das nicht erfolgt, so frisst sich ein Ort an verschiedenen Stellen in das Umland hinein, während gleichzeitig im Ort noch Baulücken frei sind oder Gebäude leerstehen. Bei einer solchen Bebauungspolitik wird nicht dort gebaut wo es gesamtwirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist – also im öffentlichen Interesse. Das resultiert nicht nur in unnötig hohen Erschließungskosten – die wir alle tragen (z.B. mit den Trinkwasser- und Abwassergebühren, Straßenbaukosten, geringer Rentabilität des öffentlichen Verkehrs). Eine solche Raumplanung führt auch zu einer Erschwerung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und zu ökologischen Beeinträchtigungen. Alles Dinge, die nicht im öffentlichen Interesse sind.
Es ist wichtig – im öffentlichen Interesse – dass Zersiedelung aktiv bekämpft wird. Leider passiert in Haag das Gegenteil. Die Zersiedelung wird sogar vom Bürgermeister aktiv vorangetrieben. An der Gemeinderatssitzung vom Juni 2024 wurde nämlich vom Bürgermeister beantragt, dass ein Obstgarten in seinem Besitz, außerhalb der derzeitigen Siedlungsgrenzen, als Baugrund gewidmet wird. Dadurch würden sich vier Einfamilienhäuser ins Grünland hineinfressen. Die Siedlungsgrenze würde aufgeweicht und die Zersiedelung weiter gefördert. In anderen Worten: Der Haager Bürgermeister nutzt seinen Privatbesitz, um die Zersiedlung weiter voranzutreiben – anstatt sich dafür einzusetzen, dass die bestehenden Siedlungsgrenzen geschützt werden.
Die Mehrheit des Gemeinderats stimmte im Juni ohne Wimpernzucken für den Grundsatzbeschluss, mit dem der Obstgarten des Bürgermeisters außerhalb der derzeitigen De-Facto-Siedlungsgrenzen vier Einfamilienhäusern weichen soll. Der Antrag für eine entsprechende Abänderung des ÖEK stammte pikanterweise von genau dem ÖVP-Vertreter, der wenige Monate davor festgestellt hatte, dass eine Überarbeitung des ÖEK nicht nötig sei. Einzig Grüne Gemeinderatsmitglieder setzten sich für die Erhaltung des wertvollen Haager Grünlands und einen Stopp der Zersiedelung ein. Drei ihrer vier Grünen Gemeinderatsmitglieder stimmten gegen den ÖVP-Zersiedelungs-Antrag, ein Grünes Mitglied enthielt sich der Stimme. Der Bürgermeister war befangen. Die restlichen Fraktionsmitglieder der ÖVP, sowie alle Gemeinderatsmitglieder von FPÖ und SPÖ stimmten dafür.
Schutz unserer Lebensgrundlagen: Welcher Wert?
Das wirft die Frage auf: Welchen Stellenwert haben denn die für das Wohl der Gemeinde so wichtigen Umweltschätze und der Stopp der Zersiedelung für die Mehrheit der Haager Gemeinderatsmitglieder bei der Ortsentwicklung? Ich wage die Behauptung: Keinen so hohen, dass es sich auf ihr Stimmverhalten im Gemeinderat auswirken würden.
Das wiederum bringt mich zur Frage: Wie definieren denn die Mitglieder des Haager Gemeinderats nun das „öffentliche Interesse“ bzw. das „Wohl der Gemeinde“ – für das sie ein Gelöbnis abgelegt haben?
Wie erklärt es sich z.B., dass nach meiner Kündigung des Pachtvertrags für die Parkplätze an der Luisenhöhe im Jahr 2013 eine Zwangs-Umwidmung der betroffenen Flächen eingeleitet wurde – was voraussetzt, dass ein öffentliches Interesse besteht. Der Gemeinderat sah also damals ein solches öffentliches Interesse. Nach meiner Kündigung derselben Flächen im Jahr 2023 wurde dann aber argumentiert, der Gemeinderat könne hier nicht aktiv werden, da die Flächen mein Privateigentum seien. Der Gemeinderat sah also plötzlich kein öffentliches Interesse mehr (dass kein öffentliches Interesse an der Nutzung des Parkplatzes besteht ist im Übrigen auch das, wie ich es schon 2013 sah). Jedenfalls: Genau dieselben Flächen waren für den Gemeinderat einmal öffentliches Interesse und dann plötzlich nur mehr privates Interesse. Ich kann mir komplett gegensätzliche Reaktion des Gemeinderats für genau die gleiche Handlung, betreffend die genau gleichen Flächen nur wie folgt erklären:
Viele Gemeinderatsmitglieder gehen mit dem Begriff öffentliches Interesse leichtfertig um. Sie – und wir – laufen damit Gefahr, dass sie Privatinteressen einzelner Personen fördern – anstatt das Allgemeinwohl. Ich setze mich dafür ein, dass sich das ändert.
Quellen & zum Weiterlesen:
ÖEK für alle (Stand der Dinge & Links zum örtlichen Entwicklungskonzept und der Baulandbilanz von Haag/H.)
Baulandbilanz der Marktgemeinde Haag/H per 31.12.2023 – Teil Nord (die Flächen die bereits als Bauland gewidmet sind, aber noch unbebaut, sind grün schraffiert).
Baulandbilanz der Marktgemeinde Haag/H. per 31.12.2023 – Teil Süd (die Flächen die bereits als Bauland gewidmet sind, aber noch unbebaut, sind grün schraffiert).
Schwarzbau im Grünland: Für ÖVP/FPÖ ok? 10. August 2024.
Mehr als sensationell. 17.02.2023
Gewerbepark oder Lebensraum. Ein Zukunftsplan für Haag am Hausruck. Open Petition.
Luisenhöhe. (Beitrag zu Umgang & Fehlerkultur des Haager Gemeinderats an der Luisenhöhe).
Wer sitzt im Haager Gemeinderat – für wen?
Hallo Haag. Parteizeitung der ÖVP Haag am Hausruck vom Dezember 2023.
Aufzeichnungen der Gemeinderatssitzung vom 13.06.2024 (gemäß Par. 53 der oö. Gemeindeordnung)
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