Der Bus & der Gemeinderat

Busterminal Haag am Hausruck

Am 11. April sah eine Haagerin, wie am Abend eine alte Frau mit besorgter Miene mehrmals um den Haager Busterminal herumging. Sie machte, was auch ich machen würde: Sie ging zur alten Frau und versuchte herauszufinden, ob sie ein Problem hat.

Es stellte sich heraus: Die alte Frau wollte nach Wels. Weil aber ihr Bus aus Ried Verspätung gehabt hatte, war ihr Anschlussbus schon weg. Das Problem daran: Es war die letzte Busverbindung nach Wels gewesen. Die alte Frau wusste nicht, wie sie jetzt noch heimkommen solle.

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Haagerin, die die alte Frau angesprochen hatte, nahm sich des Problems an und fand mithilfe eines anwesenden Busfahrers eine Lösung, mittels der die alte Frau an diesem Abend noch heim kam.

Warum erzähle ich das?

Erstens, weil es mein Herz wärmt, zu hören, dass Menschen ihre Lebenszeit andere Menschen schenken, die sie gar nicht kennen. Solche Handlungen machen unsere Gesellschaft menschlich und lebenswert. Darum an dieser Stelle ein großes Danke an die Haagerin & den Busfahrer!

Zweitens, und damit kommen wir zum Gemeinderat: Die Haagerin kam aufgrund der Tatsache, dass sie sich um eine ihr unbekannte, verlorene, alte Frau kümmerte, zu spät zur Haager Gemeinderatssitzung.

Zu spät gekommen

Als die Haagerin an der Sitzung eintraf, hatte der Bürgermeister die Gemeinderatsmitglieder gerade darüber informiert, dass die zwei noch verbliebenen Radverkehrsbeauftragten der Gemeinde nun auch zurückgetreten waren (der Gemeinderat hatte im Herbst 2022 vier Radbeauftragte ernannt).

Die zu spät eintreffende Haagerin war eine dieser zwei kürzlich zurückgetretenen Mandatarinnen. Der Bürgermeister hatte sie vorgängig nicht darüber informiert, dass sie Thema an der Gemeinderatssitzung sein würde. Sie war aus allgemeinem Interesse als Zuhörerin gekommen.

Der Bürgermeister hatte seine Sicht des Rücktritts-Ablaufs dargelegt. Das Spannende daran: Ich kannte zu diesem Zeitpunkt bereits die detaillierte Sicht beider zurückgetretener Radverkehrsbeauftragter – weil ich bei beiden nachgefragt hatte.

Ich stellte fest: Da passt was nicht zusammen. Also informierte ich die soeben eingetroffene Ex-Radfahrbeauftragte, dass der Bürgermeister seine Sicht zu ihrem Rücktritt dargelegt hatte und regte an, dass Sie sich zu Wort meldet, um darzulegen, wie sie das Ganze erlebt hatte. Das tat sie dann auch. Am Ende der Gemeinderatssitzung.

Zu früh gegangen

Die Ex-Radfahrbeauftragte ersucht beim Punkt “Allfälliges” um das Wort. Wenn Nicht-Gemeinderatsmitglieder an der Sitzung sprechen wollen, ist hierfür eine Genehmigung durch die Gemeinderatsmitglieder nötig. Es gab also eine Abstimmung. Bei dieser stimmte eine Mehrheit des Gemeinderats für die Worterteilung. Gegenstimmen gab es aus der FPÖ. Die Fraktionsobfrau hatte kurz vorher darüber informiert, dass sie an eine Babyfeier müssten. Die FPÖ-Fraktion verließ dann zu Beginn der Erklärung der vom Gemeinderat im Herbst 2022 ernannten Radverkehrsbeauftragten den Saal.

Ich sehe es so: Wenn es Aufgabe von Gemeinderatsmitgliedern ist, den Personen, die ein unbezahltes Mandat für die Gemeinde ausüben bzw. ausgeübt haben, Dank und Wertschätzung für ihre Arbeit zu zeigen: Dann ist die FPÖ-Fraktion am letzten Donnerstag zu früh gegangen.