Die ÖVP Haag/H. hat für Sonntag, 21.12. am örtlichen Kirchenplatz einen Punschstand gebucht. Das Pikante daran: Die Miete des Punschstandes wird von der Gemeinde bezahlt – auf Grundlage eines Entscheids des ÖVP-Bürgermeisters. Dies obwohl die Partei bereits beträchtlich öffentliche Fördermittel erhält. Lässt sich eine solche Doppelförderung rechtfertigen?

Die ÖVP Oberösterreich (Landesorganisation) erhielt gemäss der interaktiven Datenbank „Die Spur des Geldes“ in den Jahren 2013-2023 Fördermittel in der Höhe von 103,4 Millionen Euro. Kurz: Die ÖVP OÖ erhält genug öffentliche Gelder, um Veranstaltungen, die Ortsparteien durchführen möchten, selber zu finanzieren. Wie z.B. einen Punschstand der ÖVP Haag/H. auf dem Kirchenplatz.
Ortszentrums beleben – für wen, auf wessen Kosten?
Es gibt viele Menschen, die sich freuen, wenn der Ortskern in der vorweihnachtlichen Zeit belebt wird. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Wenn die Gemeinde mit Steuergeldern einen Punschstand mietet und Vereinen zur Verfügung stellt, dann spült das ausserdem Geld in die Kassen von gemeinnützigen Organisationen, die oft nicht gerade in Geld schwimmen.
Darum: Auch wenn ich persönlich nichts mit Punschständen anfangen kann, den Fokus auf Alkoholkonsum sehr kritisch sehe und für mich auch Gefahr einer übermässigen Lärmbelastung der Nachbar:innen bis spät in die Nacht besteht, gibt es unbestritten auch die grad beschriebenen positiven Seiten. Ich finde es daher ok, wenn die Gemeinde einen Punschstand anmietet und ihn Vereinen gratis zur Verfügung stellt.
Was mich stört ist, dass der ÖVP-Bürgermeister hier eben nicht nur Vereine fördert – sondern seine eigene Partei.
Woher kommt das Geld – und wegen wem?
Gemäss Auskunft der Haager Gemeindeverwaltung ist es so: Der Punschstand, der in der Vorweihnachtszeit auf dem Haager Kirchenplatz steht, wird für jährlich 1.000 Euro angemietet und durch das jährliche Tourismusbudget finanziert. Er kann von „Vereinen und Organisationen“ – d.h. auch politischen Parteien – gratis gebucht werden. Die Anmietung erforderte keinen Beschluss durch Gemeindegremien, weil sie im Wirkungsbereich des Bürgermeisters liegt ( § 58 Oö. Gemeindeordnung). Die Gemeindegremien wurden informell eingebunden, bezüglich Informationen zur Anmietung.
Kurz: Die Anmietung des Punschstandes (inkl. der Entscheidung, wer ihn nutzen kann) liegt im Verantwortungsbereich des Bürgermeisters.
Doppelförderung kassieren – Vertrauen riskieren
Das Vertrauen in die Parteien ist derzeit nicht gerade auf einem Hochpunkt. Umso wichtiger wäre es, dass Parteien – gerade in der Vorweihnachtszeit – dieses Vertrauen fördern. Die Gratis-Nutzung eines mit öffentlichen Geldern angemieten Punschstands durch die ÖVP Haag/H. bewirkt das Gegenteil – zumindest bei mir: Sie lässt das Vertrauen in den Keller rasseln.
Für einen guten Zweck?
Ich weiss nicht, was die ÖVP mit dem Geld macht, dass ihr Punschstand generiert. Um es aber vorwegzunehmen: Nein, es ist für mich kein guter Zweck wenn eine Partei, die genug Geld hat, gratis einen Punschstand nutzt – nur weil sie das dort eingenommene Geld dann vielleicht nachher spendet.
Parteien dürfen gerne Aktionen machen, die zu Spenden für soziale Zwecke führen – wenn sie das mit ihren eigenen Mitteln finanzieren und die Bewerbung auf ihren eigenen Parteikanälen erfolgt. Das hat z.B. die SPÖ Haag/H. gemacht: Sie hat vor dem Gemeindeamt einen Weihnachtsbaum mit Spendekärtchen aufgestellt, die für eine Spende an die CliniClowns werben – und das Ganze auf ihrer Facebookseite beworben. Das ist finanziell sauber und transparent.
Wunsch an das Christkind
Ich wünsche mir – aus den oben genannten Gründen – dass die Nutzung des mit Steuergeldern finanzierten Punschstandes in Zukunft so geregelt wird, dass er nicht von Parteien gebucht werden kann. Dies trägt dazu bei, dass Steuergelder sorgsam verwendet und die Arbeit von Gemeindeverwaltung, Vereinen & Parteien sauber getrennt wird und das Vertrauen der Bevölkerung in Parteien wieder steigen kann.
Zum Weiterlesen (hochspannend)
Interaktive Datenbank Die Spur des Geldes der Zeitung „Der Standard“, die ermöglicht, herauszufinden, wie sich die Parteien finanzieren. Die Daten stammen aus den Rechenschaftsberichten der Parteien, die von 1999 bis 2012 im Amtsblatt der Wiener Zeitung und seit 2013 auf der Website des Rechnungshofs veröffentlicht werden. Zahlen von Bezirks- und Gemeindeorganisationen sind in der Datenbank nicht erfasst.
Quellen
Auskunft der Gemeindeverwaltung der Marktgemeinde Haag/H. (in Beantwortung einer Anfrage).
Abfrage der interaktiven Datenbank Die Spur des Geldes der Zeitung „Der Standard“:
- Einnahmen der ÖVP Oberösterreich in den Jahren 2013-2023. Abgerufen am 20.12.2025
Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 15.12.2022. Tagesordungspunkt 12: Allfälliges. S. 12.
Post des SPÖ Haag am Hausruck auf ihrer Facebookseite vom 29.11.2025: Information über das Aufstellen eines Weihnachtsbaums mit Spendekärtchen für die Cliniclowns.
Veröffentlichung
Änderungen
- 21.12.2025:
– Entfernen der Abbildungen und Textteile, in denen es um die Problematik der Bewerbung von Parteiveranstaltungen auf Gemeindemedien geht (Gemeindewebsite, usw.). Grund: Es überlastet den Text mit einer Doppelbotschaft, das Thema der sorgsamen Verwendung von Steuergeldern geht dadurch unter.
– Änderung Überschrift letzter Absatz: Wunsch geht neu nur mehr an das Christkind – statt in Klammer auch an die ÖVP. Grund: Es handelt sich hier um ein Thema, dass alle Gemeindepolitiker:innen etwas angeht, Erwähnung von nur ÖVP lenkt davon ab.
– Neuer Text für letzten Absatz: „Ich wünsche mir – aus den oben genannten Gründen – dass die Nutzung des mit Steuergeldern finanzierten Punschstandes in Zukunft so geregelt wird, dass er nicht von Parteien gebucht werden kann. Dies trägt dazu bei, dass Steuergelder sorgsam verwendet und die Arbeit von Gemeindeverwaltung, Vereinen & Parteien sauber getrennt wird und das Vertrauen der Bevölkerung in Parteien wieder steigen kann.“ – statt vorheriger Forderung, dass die ÖVP auf die Nutzung des Punschstandes verzichtet.
Grund für die Änderung: Das Grundproblem ist nicht die Gratisnutzung durch die ÖVP – sondern dass eine solche für Parteien überhaupt möglich ist.
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