„Seiner eigenen Würde gibt Ausdruck, wer die Würde anderer Menschen respektiert.“
Richard von Weizäcker
Die (zahlreichen) Menschen mit Demenz, die Teil meines Lebens sind, schenken mir ganz wertvolle Dinge: Sie sagen ehrlich was ist bzw. wer ich bin – während andere den Sonnencreme-Fleck auf meinem Hals „höflich“ unerwähnt lassen ;).
Für mich ist unendlich wertvoll: Diese Menschen konfrontieren mich mit meiner Essenz. Sie machen mir bewusst, wie wertvoll und wichtig es ist, dass ich so viel Zeit darin investiert habe, zu wissen was mir wichtig ist und wieso – so dann kann ich meine Bedürfnisse nämlich nunmehr (meistens) ganz gelassen trennen davon wie sie das Leben wahrnehmen und was ihnen wichtig ist. Sie zeigen mir auf, wo ich gut für mich sorge und wo ich noch Verbesserungspotenzial habe. Anders gesagt: sie helfen mir, mir Sorge zu tragen und meine Grenzen zu achten. Ich kann ihnen nämlich nur gerecht werden, wenn ich genug Pausen und Erholung in mein Leben einbaue – ich kann sie z.B. nicht Tag und Nacht betreuen. Anders gesagt: Ich kann ihre Würde nur respektieren wenn ich meine eigene Würde auch respektiere.
Es liegt an mir, auf diese Botschaft, die ich in mir spüre, auch zu hören und mein Lebensgleichgewicht entsprechend anzupassen. Dabei hilft das richtige Umfeld: Es freut es mich, dass es in der Schweiz – wo ich wohne – mittlerweile Einrichtungen gibt, in denen sowohl Menschen mit Demenz würdevoll betreut werden, als auch die Bedürfnisse der sie betreuenden Menschen würdevoll berücksichtigt werden.
Das ist ein für mich unermesslich wertvoller Gegenpunkt zu Haag am Hausruck, wo die Tatsache, dass ich mir Sorge trage, indem ich mich so viel erhole, wie ich es nötig habe mit Aussagen quittiert wird, wie: „Ich kann auch nichts dafür, dass du den ganzen Tag nichts zu tun hast.“ Solche Aussagen stimmen mich traurig. Nicht nur, weil sie meine eigene Würde verletzen. Sondern – und vielleicht sogar noch mehr deswegen – weil der Mensch, der sie mir an den Kopf wirft, damit auch seine eigene Würde verletzt.