Heimat ohne Natur?

ÖVP und FPÖ werben gerne damit, dass sie 1. die Heimat schützen und 2. gegen überbordende Bürokratie kämpfen. Wenn ich mich in Informationen zur Novelle des oberösterreichischen Naturschutzgesetzes einlese, dann scheint mir, dass es eher umgekehrt ist: Man muss die Heimat vor ÖVP und FPÖ und ihrem unnötigen Verwaltungsaufwand schützen – sonst gibt es sie nämlich bald nicht mehr (die Heimat mein ich).

Worum geht es denn da genau? Der Entwurf sieht ein neues, eigenes Anerkennungsverfahren für Umweltorganisationen vor. Dieses bedeutet einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für alle Naturschutz- und Alpinorganisationen, selbst wenn diese – wie z.B. Naturschutzbund, Alpenverein oder Naturfreunde – bereits seit Jahrzehnten bestehen und auf Bundesebene nach dem UVP-Gesetz (Umweltverträglichkeits-Prüfungsgesetz) anerkannt sind.

Erst jüngst wurde nämlich mit der Novelle 2018 des UVP-Gesetzes bereits eine Verschärfung der Anerkennungskriterien und ein dreijähriger Überprüfungsmodus für nichtstaatliche Organisationen (NGOs) eingeführt. Laut den in Oberösterreich geplanten Bestimmungen müssten diese großteils ehrenamtlichen Organisationen ihre Gemeinnützigkeit nun ein weiteres Mal alle drei Jahre durch Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers oder -treuhänders nachweisen. Dieses bedeutet erstens zusätzliche Kosten, d.h. Geld, das dann nicht für Naturschutz verwendet werden kann. Und zweitens bringt auch massive Unsicherheiten für jede einzelne Umweltorganisation, ob ihre Anerkennung in Oberösterreich auch weiterhin aufrecht bleibt.

Besonders tragisch finde ich Folgendes: Für die Anerkennung wird ausdrücklich die „ausschließliche“ und unmittelbare Förderung des Natur- und Artenschutzes verlangt. Das trifft z.B. Organisationen wie Alpenverein oder Naturfreunde oder BirdLife Österreich. Diese kümmern sich neben dem Naturschutz auch noch um andere Aufgaben, wie die Förderung des Bergsteigens, Jugendarbeit, Forschungs- oder Bildungsaufgaben. Ich frage mich: Sieht so die Wertschätzung der derzeitigen Regierungsparteien für gesellschaftliches Engagement – insbesondere auch für Jugendarbeit – aus?

Bedenklich ist für mich auch, dass durch die geplante Novelle die Parteistellung der Umweltanwaltschaft als Vertreterin von Natur- und Umweltinteressen zurückgedrängt wird. Das ist deswegen problematisch, weil die Umweltanwaltschaft eine „Grundversorgung“ gewährleistet:
Sie ist Partei in tausenden einschlägigen Behördenverfahren in ganz Oberösterreich und im Vorfeld dieser Verfahren Nahtstelle zwischen einerseits Bürgern & NGOs und andrerseits Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Gemäß Umweltanwaltschaft kann gerade durch letzteres vieles ausgeredet und eventuell auch ausgestritten werden und mit dem dabei erzielten Konsens anschließend das erstinstanzliche Verfahren einfach und schnell erledigt werden. Ich finde: Dieses lösungsorientierte Miteinander gehört unbedingt erhalten.

Dazu kommt, dass das Gesetz auch aus Sicht der mir sehr am Herzen liegenden Wälder und naturnahen Fließgewässer sehr bedenklich ist: So soll der Bau von Forststraßen künftig in weiten Teilen ohne Einbeziehung des Naturschutzes erfolgen und der Uferschutz bei Seen und Fließgewässern stark aufgeweicht werden.

Insgesamt ist diese Novelle für mich sowohl aus Naturschutzsicht als auch aus demokratiepolitischer Sicht sehr bedenklich und spiegelt – leider – für mich genau den Zugang wieder, den die Parteien ÖVP und FPÖ zu diesen beiden Themen haben.

Quellen und zum Weiterlesen:

Umweltanwälte kritisieren „Foul gegen die Natur“ in Oberösterreich (Der Standard, 22. Jänner 2019, abgerufen am 20.02.2019)
Umweltdachverband kritisiert Anerkennungsverfahren im OÖ Naturschutzgesetz (31. Jänner 2019, abgerufen am 18.02.2019)
Umweltdachverband zur OÖ Naturschutzgesetzovelle: Beschämende Demontage der Umweltanwaltschaft (APA-OTA, 15.01.2019, abgerufen am 20.02.2019)