1951 betrug die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Österreich 4,08 Mio. ha – 2016 nur noch 2,67 Mio. ha. Das ist ein Rückgang von 1,41 Mio. ha bzw. 14.090 km2. Wir haben also seit 1951 bereits mehr als ganz Oberösterreich (11.718 km2) an landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren und wenn wir so weitermachen, dann ist es demnächst die ganze Steiermark (16.251 km2). Es ist also höchste Zeit für eine Aufwertung und einen wirklichen Schutz der landwirtschaftlichen Nutzflächen – jener Flächen, die unsere Lebensmittel produzieren.
Der Bodenpreis von Grünland ist in Österreich durchschnittlich 26x niedriger als der Preis von Bauland. Bei Betriebsbaugebiet ist der Unterschied etwas geringer, aber das Grundproblem bleibt: Wenn Grünland in Mischbaugebiet, Betriebsbaugebiet oder Bauland umgewidmet wird, ist es auf einmal viel mehr wert. Es gibt einen sehr hohen finanziellen Anreiz für die Umwidmung von Grünland in Bauland.
Konkret bewirken die dzt. Bodenpreise Folgendes: Es braucht enorm hohe ideelle Werte, damit Grundbesitzer*innen, die nicht selber Landwirtschaft betreiben sagen: Ich verpachte diese Wiese/diese Acker weiter einem Bauern oder eine Bäuerin, anstatt das Grundsück gewinnbringend für eine Bebauung zu verkaufen.
Auch für Bäuerinnen und Bauern, die ihr Land noch selber bewirtschaften, stehen vor einem Problem: Die Landwirtschaft steht unter zunehmendem finanziellen Druck (sinkende Produktpreise, steigende Betriebskosten) und die Erträge, die eine bewirtschaftete Fläche abwirft stehen – von der Arbeit, die diese Bewirtschaftung erfordert ganz abgesehen – in keinem Verhältnis zum Gewinn, den der Verkauf von Grünland für eine Bebauung abwirft. Auch Bäuerinnen und Bauern sind also ideell stark gefordert, wenn jemand an sie bzgl. einer Umwidmung ihrer Grundstücke herantritt.
Der finanzielle Druck für eine Umwidmung landwirtschaftlich genutzter Flächen ist insgesamt enorm. Wir stufen als Gesellschaft landwirtschaftliche Nutzflächen als bedeutend weniger wertvoll ein als bebaute Flächen. Dabei sind es diese Flächen, die unsere Lebensmittel produzieren – die Grundlage unseres Lebens.
Ich finde: Es ist Zeit, dass wir unsere landwirtschaftlichen Nutzflächen mehr schätzen (lernen). Die ungleichen Bodenpreise können wir damit zwar womöglich nicht unmittelbar beeinflussen. Wenn wir aber landwirtschaftliche Nutzflächen wirklich schätzen lernen und wirklich schützen wollen, dann werden wir anfangen anders zu denken. Wir werden nicht mehr sagen: Auf welchem Grünland könnten wir in unserem Ort einen neuen Betrieb bauen? Sondern wir werden sagen: Wie können wir Bestehendes nutzen, um eine neue Dienstleistung / eine neue Produktion zu ermöglichen? Wo ist es am Sinnvollsten, dass eine gewisse Nutzung erfolgt (z.B.: Muss ein Lager wirklich in unserem Ort stehen, wenn in anderen Ort leer stehende Gebäude der erforderlichen Größe verfügbar sind)? Wie können wir als Gemeinde ein Konzept erarbeiten, dass die Nutzung unserer leerstehenden Gebäude möglich macht?
Wenn wir landwirtschaftlich genutzte Flächen (wieder) mehr schätzen lernen, dann gewinnen wir alle. Wir sichern die Produktionsflächen für unsere Lebensmittel – und erhöhen gleichzeitig die Anreize für die Nutzung bereits verfügbarer Gebäude, die sonst leer stehen würden.
Informationen zur Ausstellung „Boden für alle“ und eine Bestellmöglichkeit des Ausstellungskatalogs (sehr empfehlenswert!) gibt es hier.